Sonntag, 13. Januar 2013

Das Staunen über die Welt

Sobald wir etwas mit unseren vorhandenen kognitiven Fähigkeiten nicht erfassen können, steht die Welt um uns herum für einen Moment lang still. Es ist das Gefühl der Ehrfurcht, das uns übermannt und mit einem Staunen zurücklässt.


Die Ehrfurcht ist ein hochsprachliches Wort, das eine mit Verehrung einhergehende Furcht umschreibt. Dieses Gefühl des Staunens vor Ehrfurcht könnte sogar von größerer Bedeutung sein, als das Glücksgefühl, dem heute viele Menschen hinterherjagen.

Der griechische Philosoph Aristoteles sah im Staunen den Beginn des Philosophierens, das einen starken Akzent auf die Verwunderung legt. Die Philosophie würdigt Dinge kritischer Betrachtung, die zunächst als selbstverständlich erscheinen. Selbstverständlichkeiten werden bezeichnet als „bloße Meinung“. Bei genauerem Hinterfragen von Selbstverständlichkeiten zeigen sich mituntererstaunliche, bisher unberücksichtigte und neue Wahrheiten. Auch für Platon war das „Staunen“ der Anfang aller Philosophie:
"Das Staunen ist die Einstellung eines Mannes, der die Weisheit wahrhaft liebt, ja es gibt keinen anderen Anfang der Philosophie als diesen.“
Und auch Albert Einstein erkannte die unverkennbare Bedeutung des menschlichen Staunens:
"Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle. Wer es nicht kennt und sich nicht mehr wundern, nicht mehr staunen kann, der ist sozusagen tot und sein Auge ist erloschen."
Doch der Begriff der Ehrfurcht klingt äußerst altmodisch und hierarchisch. Und dies kommt nicht von ungefähr. Der Begriff wird seit jeher sehr häufig in einem religiösen, ethischen oder ästhetischen Kontext verwendet und setzt sich aus den beiden Worten "Ehre" und "Furcht" zusammen.

Alltäglichere Beispiele sind die Ehrfurcht vor dem überwältigendem Nachthimmel, vor einer beeindruckenden Naturlandschaft, vor einer berühmten Persönlichkeit des öffentlichen Lebens oder die Ehrfurcht vor  einem bedeutenden Kunsterlebnis der Literatur, der Musik oder der Malerei. Ausgehend von diesen alltäglicheren Beispielen für den Begriff der Ehrfurcht untersuchten amerikanische Wissenschaftler, was dieses Gefühl in uns Menschen bewirkt. Einer Gruppe der Versuchspersonen wurde ein Film mit beeindruckenden Naturbildern gezeigt und so in eine ehrfurchtsvolle Stimmung versetzt. Die zweite Gruppe, die Vergleichsgruppe, wurde mit Bildern von glücklichen und feiernden Menschen in eine glückliche Stimmung versetzt.

Im Ergebnis dieser Studie zeigte sich, dass die "ehrfürchtigen" Versuchspersonen sich tatsächlich gelassener und entspannter fühlten als die Glücklichen. Auch verspürten die Ehrfürchtigen das Gefühl, über mehr Zeit in ihrem Leben zu verfügen als die Glücklichen.

Bei einer derart positiven Wirkung des Gefühls der Ehrfurcht gilt es, dieses teils doch vergessene Gefühl wiederzuentdecken und häufiger zu erfahren...




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